
Aber der Reihe nach: Zu dieser Erfolgsgeschichte gehört auch die Enttäuschung des Vorjahres, als es mit dem angestrebten Durchmarsch von der untersten Liga bis in die Beletage des deutschen Golfsports nichts geworden war. Vor etwas mehr als zwölf Monaten saß der Frust tief, mündete aber in einer kritischen Selbstanalyse. Jedes einzelnen Spielers, aber auch als Team, das in der Folge noch ein wenig mehr zusammenwuchs und sich schwor, nicht noch einmal am eigenen Anspruchsdenken zu scheitern.
Es war, aus heutiger Sicht und mit etwas Abstand betrachtet, auch ein Reifeprozess, den die Oberpfälzer durchmachten – ja vielleicht durchmachen mussten – auf ihrem steilen Weg nach oben. Ein Jahr nach dem anderen hatten sie Aufstiege feiern dürfen, die Konkurrenz mehr oder minder regelmäßig düpiert und sich immer wieder personell verstärkt. Gemessen an den reinen Scores waren die Habsberger bereits im Vorjahr erstklassig. Jetzt aber bewiesen sie es auch als Mannschaft.
Entsprechend knallten nach dem souveränen Sieg über den GC Neuhof auf dem altehrwürdigen Platz in Frankfurt-Niederrad die Korken.
Fotos: Julian Frey
Captain Christian Stibor ließ es sich nicht nehmen, die Schampus-Magnumversion über die gerade beim Teamfoto posierende Mannschaft zu verspritzen. Anschließend gönnten sich auch Präsident André Hüsgen und Sponsor Alex Bringmann einen großen Schluck aus der Flasche.
„Die Reise über sechs Jahre ist zum Ziel gelangt“, jubilierte Hüsgen und wandte sich dem entscheidenden Mann hinter dem Team zu: „Die Umsetzung dieses Traums war nur mit der Unterstützung von Alex möglich“, bedankte sich der Habsberger Präsident bei dem langjährigen Sponsor, der zusammen mit seinem Bruder Michael nicht nur Weggefährte und Mitstreiter, sondern längst ein Freund ist.
Wie bereits in den Vorjahren wird Bringmann die Mannschaft im Oktober wieder zu einem mehrtägigen Abstecher ins Golfmekka nach Son Gual einladen, um dort „zur Belohnung“ die Erfolgsgeschichte gebührend zu würdigen.
FÖRDERER BRINGMANN: EIN WICHTIGER WEGGEFÄHRTE
Der Unternehmer, der mit seiner Firma Folia in Wendelstein bei Nürnberg angesiedelt ist, hat vieles möglich gemacht am Habsberg. Mit sieben Personen wurde zu Beginn dieser sechsjährigen Reise ein Förderverein gegründet, der sich finanziell einbringt. In der Folge wurde etwa ein Trackman angeschafft oder auch ein Winter-Trainingsgelände unter Dach in Neumarkt eingerichtet.
Alex Bringmann, noch in einem von der Champagnerdusche nassen Shirt, erinnert sich gerne. Ein langgezogenes „Jaaaaa“ unterbricht ihn kurz. Nur ein paar Meter abseits davon fallen sich die frischgebackenen Aufsteiger immer wieder erleichtert in die Arme.
„Das ist eine außergewöhnliche Truppe“, findet der Golf-Liebhaber und liefert eine der möglichen Erklärungen dafür gleich mit: „Die Mannschaft weiß jetzt, was sie kann. Sie ist routinierter geworden und kann mit Stress besser umgehen.“
Diesen Schluss gibt das nun zu Ende gehende Golfjahr aus Habsberger Sicht durchaus her. Die Runde in der Südstaffel absolvierten sie souverän und ließen nie Zweifel aufkommen an Platz eins und der damit verbundenen Qualifikation zum Aufstiegsspiel in die Bundesliga. Alles war angerichtet.
FRÜH DIE WEICHEN AUF SIEG GESTELLT
„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind bereit, Geschichte zu schreiben“, hatten sie vor dem ersten Abschlag in Frankfurt durchaus selbstbewusst auf Instagram gepostet. Nach den Vierern liegt Habsberg mit 2,5:1,5 vorne und hat sich ein kleines Polster geschaffen. Die Zuversicht wird langsam spürbar.
Der Präsident gönnt sich zum Halfway ein Weißbier unter schattenspendenden Bäumen und genießt eine dicke Zigarre. „Aber da ist noch viel Golf zu spielen“, will Captain Christian Stibor zur Halbzeit noch keine Glückwünsche annehmen.
Während sich der Gegner aber unter dem Druck, in den darauffolgenden acht Einzeln unbedingt punkten zu müssen, nervös zeigt, spielen die Habsberger befreit auf und kommen Punkt um Punkt ihrem großen Ziel näher.
„Knackpunkt waren die Siege von Leon und Korbi“, darf Christian Stibor später analysieren. Mit den Punkten von Profi Leon Breimer (3&1 gegen Tim Nachtwey), Eric Dörrenberg (3&2 gegen Jan-Philipp Heyen) und Ruwald Ausborn (3&1 gegen Moritz Küls) holten die Habsberger weitere entscheidende Zähler.
Das Traum-Finish von Korbinian Walther bildete den Höhepunkt: Er lag gegen Ex-Tour-Spieler Max Röhrig zunächst zurück, bevor er Neuhofs Nummer eins und Spielertrainer mit Birdie, Birdie, Albatros, Birdie regelrecht zerlegte. Am Ende verloren die Oberpfälzer nur ein Match und konnten es sich beim feststehenden Triumph leisten, dem Gegner zwei noch laufende Spiele zum 8:4-Endstand zu schenken.
LÄNGST NICHT DAS ENDE ALLER AMBITIONEN
„Wer hätte das vor sechs Jahren gedacht? Es ist so schön, so schön“, kann Leon Breimer sein Glück kaum in Worte fassen. Mit seinem Engagement im GCH begann die große Reise – „und jetzt sind wir an einem Zwischenziel angelangt“, hat Captain Stibor als einer der ersten einen klaren Kopf wiedergefunden.
Der Aufstieg war das Ziel, aber sicher nicht das Ende von ambitionierten Träumen. „Klassenerhalt? Das ist mir als Ziel zu passiv“, sagt Stibor noch am Abend des Aufstiegs. „Nur, um da mitzuspielen – dafür brauchst du nicht aufzusteigen.“
Der Schritt in die Beletage, die Crème de la Crème des deutschen Golfsports, ist nicht das Ende einer wundersamen Reise. Der Aufstieg soll im besten Fall nur ein Anfang sein. Die Teilnahme am Final Four? Klingt gut. Der Deutsche Meistertitel? Klingt noch besser.
Trainer Peter Wolfenstetter kennt das Gefühl bereits, er hatte 2019 mit Stuttgart das Vergnügen. Doch das ist derzeit noch weit weg. „Wir holen jetzt nicht das Lasso raus“, sagt Präsident André Hüsgen in Sachen Neuzugänge. Das will gut überlegt und abgestimmt sein, lässt er durchblicken. Schließlich wird nicht umsonst die mannschaftliche Geschlossenheit als große Stärke des GC Am Habsberg immer wieder betont.
Aber Träume darf, ja Träume muss man haben. Bisweilen werden sie ja Wirklichkeit. In Habsberg wissen sie das.
Florian Pöhlmann
